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Was ist die Mehrwertsteuer?

Die Mehrwertsteuer (MwSt) in der Europäischen Union ist eine allgemeine Verbrauchsteuer auf den beim Verkauf von Gegenständen und Dienstleistungen erzielten Mehrwert. Die Steuer wird praktisch auf alle Gegenstände und Dienstleistungen erhoben, die zur Verwendung in der Gemeinschaft gekauft und verkauft werden. Das bedeutet, dass Gegenstände, die ausgeführt werden sollen, oder Dienstleistungen, die an Kunden außerhalb der EU verkauft werden, nicht mit der MwSt belastet werden. Auf Einfuhren hingegen wird MwSt erhoben, um die Steuergerechtigkeit zu wahren und dafür zu sorgen, dass auf dem europäischen Markt für Hersteller aus der EU und Anbieter von außerhalb der EU die gleichen Wettbewerbsbedingungen gelten.

Die MwSt

  • ist eine allgemeine Steuer , die im Prinzip auf alle wirtschaftlichen Tätigkeiten in Form der Herstellung und des Absatzes von Gegenständen und der Erbringung von Dienstleistungen erhoben wird;
  • ist eine Steuer auf den Verbrauch, da sie letztlich vom Endverbraucher getragen wird und nicht die Unternehmen belastet;
  • wird als Prozentsatz des Preises berechnet, d.h. auf jeder Stufe der Herstellungs- und Absatzkette ist erkennbar, wie hoch die Steuer jeweils ist;
  • wird stufenweise erhoben, wobei die Steuerpflichtigen (d.h. für MwSt-Zwecke registrierte Unternehmen) von der MwSt, die sie bei Verkäufen von ihren Kunden erhalten, den MwSt-Betrag abziehen, den sie an andere Steuerpflichtige gezahlt haben, bei denen sie für Zwecke ihrer Unternehmenstätigkeit Einkäufe getätigt haben ("Vorsteuerabzug") - sie führen also nur diesen Differenzbetrag ab, wodurch gewährleistet ist, dass die MwSt von der Anzahl der Umsätze (also der Einkäufe und Verkäufe) unabhängig, d.h. neutral ist;
  • wird zwar vom Verkäufer - dem "Steuerpflichtigen" - an den Fiskus abgeführt, tatsächlich gezahlt wird sie aber vom Käufer zusammen mit dem Kaufpreis; die MwSt ist also eine indirekte Steuer.

Was ist ein Steuerpflichtiger?

Ein Steuerpflichtiger für Zwecke der MwSt ist jede Person, Personengesellschaft, Kapitalgesellschaft oder sonstige Einrichtung, die im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit steuerbare Gegenstände oder Dienstleistungen liefert bzw. erbringt.

Liegt der Jahresumsatz einer solchen Person jedoch unter einem bestimmten Schwellenwert, der allerdings je nach Mitgliedstaat unterschiedlich ist, so muss sie bei ihren Verkäufen keine MwSt in Rechnung stellen.

Wie wird die MwSt in Rechnung gestellt?

Bei einem Verkauf schuldet ein Steuerpflichtiger dem Fiskus MwSt in Höhe eines Prozentsatzes vom Verkaufspreis, aber er kann von diesem MwSt-Betrag die MwSt abziehen, die ihm bereits bei seinen eigenen Erwerben auf der vorangehenden Absatzstufe in Rechnung gestellt wurden. Durch diesen "Vorsteuerabzug" wird eine Doppelbesteuerung vermieden und dafür gesorgt, dass die MwSt nur für den auf der jeweiligen Produktions- oder Absatzstufe hinzugefügten Mehrwert entrichtet wird. Da der Endpreis der Gegenstände oder Dienstleistungen die Summe der auf den vorangehenden Stufen jeweils hinzugefügten Mehrwerte ist, ist auch der Endbetrag der MwSt die Summe der auf den einzelnen Stufen gezahlten MwSt.

MwSt-pflichtige Unternehmer erhalten eine Umsatzsteuer-Identifizierungsnummer und müssen in ihren Rechnungen die MwSt ausweisen, die sie ihren Kunden in Rechnung stellen. Damit weiß der Kunde, welchen MwSt-Betrag er als Vorsteuer abziehen kann (wenn er ein Steuerpflichtiger ist) bzw. welchen MwSt-Betrag er für das Endprodukt gezahlt hat (wenn er ein Endverbraucher ist). Aufgrund dieser stufenweisen Entrichtung der MwSt regelt sich das System bis zu einem Grade selbst.

Beispiel

Stufe 1

Ein Bergwerk verkauft Eisenerz an ein Stahlwerk im Wert von 1000 EUR plus 20 % MwSt, d.h. das Bergwerk stellt seinem Kunden 1200 EUR in Rechnung. Die 200 EUR MwSt müsste das Bergwerk an den Fiskus abführen, aber da es in dem betreffenden Steuerzeitraum Arbeitsgerät im Wert von 200 EUR plus 20 % MwSt (d.h. 240 EUR) erworben hat, kann es die MwSt von 40 EUR MwSt als Vorsteuer von dem eigentlich geschuldeten MwSt-Betrag abziehen (200 EUR minus 40 EUR) und muss somit nur 160 EUR an den Fiskus abführen. Der Verkäufer des Arbeitsgeräts muss seinerseits die von ihm in Rechnung gestellte MwSt (40 EUR) an den Fiskus abführen, so dass dieser insgesamt 200 EUR erhält, also den MwSt-Betrag, der ihm aus dem Verkauf des Eisenerzes zusteht.

  • Verkauf: 1000 EUR
  • MwSt auf den Verkauf: 200 EUR
  • MwSt auf Einkäufe (Vorsteuer): 40 EUR
  • Netto-MwSt-Betrag: 160 EUR

Stufe 2

Das Stahlwerk hat also dem Bergwerk 200 EUR MwSt und z.B. beim Einkauf von Büromaterial weitere 20 EUR MwSt, zusammen also 220 EUR MwSt, bezahlt. Verkauft das Stahlwerk den von ihm erzeugten Stahl im Wert von 2000 EUR, so stellt es dem Abnehmer diesen Betrag plus 20 % MwSt, also 2400 EUR in Rechnung. Eigentlich müsste es diese 400 EUR MwSt an den Fiskus abführen, es kann aber die erwähnten 220 EUR als Vorsteuer abziehen und muss daher nur 180 EUR abführen. Der Fiskus erhält diese 180 EUR von dem Stahlwerk plus 160 EUR von dem Bergwerk (s.o. Stufe 1) plus 40 EUR von dem Verkäufer von Arbeitsgerät an das Bergwerk (s.o. Stufe 1) plus 20 EUR von dem Verkäufer von Büromaterial an das Stahlwerk.

  • Verkauf: 2000 EUR
  • MwSt auf den Verkauf: 400 EUR
  • MwSt auf Einkäufe (Vorsteuer): 220 EUR
  • Netto-MwSt-Betrag: 180 EUR

180 EUR (von dem Stahlwerk) plus 160 EUR (von dem Bergwerk) plus 40 EUR (von dem Verkäufer von Arbeitsgerät) plus 20 EUR (von dem Verkäufer von Büromaterial) ergeben zusammen 400 EUR, d.h. den korrekten MwSt-Betrag für einen Verkauf im Wert von 2000 EUR.

Anwendungsbereich der MwSt und MwSt-Sätze

Da das EU-Recht nur vorschreibt, dass der MwSt-Normalsatz mindestens 15 % und der ermäßigte Satz (nur für bestimmte, in einem erschöpfenden Verzeichnis aufgeführte Gegenstände und Dienstleistungen) mindestens 5 % betragen muss, gibt es zwischen den Mitgliedstaaten Unterschiede in Bezug auf die Höhe der Steuersätze und ihre Anwendung auf einzelne Arten von Produkten. Außerdem gibt es in manchen Mitgliedstaaten noch besondere Regelungen für bestimmte Bereiche.

Zuverlässige Informationen über den MwSt-Satz für ein bestimmtes Produkt in einem bestimmten Mitgliedstaat erteilen die jeweiligen MwSt-Behörden. Einen Überblick über die in der EU geltenden MwSt-Sätze vermittelt auch ein einschlägiges EU-Informationsdokument.

MwSt bei der Ein- und Ausfuhr

Bei der Ausfuhr aus der EU in Nicht-EU-Länder wird keine MwSt erhoben und die auf vorhergehenden Absatzstufen im Zusammenhang mit dem ausgeführten Produkt bereits gezahlte MwSt kann als Vorsteuer abgezogen werden. Aufgrund dieser MwSt-Befreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug ("Nullsatz") ist in dem Ausfuhrpreis keinerlei "Rest-"MwSt mehr enthalten.

Bei der Einfuhr in die EU muss sofort MwSt gezahlt werden, so dass für die eingeführten Produkte die gleichen Ausgangsbedingungen gelten wie für entsprechende Produkte, die in der EU hergestellt wurden. Steuerpflichtige können die bei der Einfuhr gezahlte MwSt als Vorsteuer abziehen.
MwSt auf Gegenstände, die in andere Mitgliedstaaten geliefert werden

Da es an den Grenzen zwischen den Mitgliedstaaten keine Steuerkontrollen mehr gibt, wird die MwSt auf Gegenstände, die von einem Mitgliedstaat in einen anderen geliefert werden, auch nicht beim Überqueren dieser "Binnengrenzen" erhoben.

Von einem Steuerpflichtigen in einem Mitgliedstaat an einen Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat gelieferte Gegenstände unterliegen im Abgangsland dem Nullsatz (d.h. sie sind mit Recht auf Vorsteuerabzug von der MwSt befreit). Bei einer solchen "innergemeinschaftlichen Lieferung" muss der Kunde seine Umsatzsteuer-Identitätsnummer angeben, die über das MwSt-Informationsaustauschsystem (MIAS) überprüft werden kann.

Die MwSt für die gelieferten Gegenstände ist in dem Mitgliedstaat zu zahlen, in dem sie ankommen: Hier stellt die innergemeinschaftliche Lieferung einen "innergemeinschaftlichen Erwerb" dar, für den der Kunde die MwSt zu dem in seinem Land, dem "Bestimmungsland" geltenden Satz zahlen bzw. im Rahmen seiner regelmäßigen MwSt-Erklärung angeben und verrechnen muss.

Wie wenden die Mitgliedstaaten die MwSt an?

Die Anwendung der MwSt im Rahmen der EU-Regelungen variiert je nach den Vorschriften und Praktiken der einzelnen Mitgliedstaaten.

Warum gilt die MwSt in allen Mitgliedstaaten?

Zur Zeit der Gründung des Vorgängers der EU, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, galten in den damals sechs Mitgliedstaaten verschiedene Formen der Umsatzbesteuerung. Dabei handelte es sich meist um mehrstufige kumulative Steuern, die auf den einzelnen Stufen der Herstellungs- und Absatzkette erhoben wurden, so dass es unmöglich war festzustellen, wie viel Steuern tatsächlich im Endpreis eines Produkts enthalten war. Somit bestand immer die Gefahr, dass die Mitgliedstaaten ihre Ausfuhren dadurch subventionierten, dass sie den Betrag der bei der Ausfuhr zu erstattenden Steuer absichtlich oder unabsichtlich zu hoch ansetzen.

Es war offenkundig, dass es einen leistungsfähigen Binnenmarkt in Europa nur dann geben könne, wenn ein Umsatzsteuersystem geschaffen wird, das die Steuerneutralität gewährleistet und eine exakte Bestimmung des bei der Ausfuhr zu erstattenden Steuerbetrags ermöglicht. Wie oben in dem Abschnitt über die MwSt bei der Ein- und Ausfuhr erläutert, bietet die Umsatzsteuer in Form der MwSt die Gewähr dafür, dass Ausfuhren steuerfrei und völlig transparent sind.

Geschichte der MwSt in der EU bis 1993

Am 11. April 1967 wurden die ersten beiden MwSt-Richtlinien erlassen, mit denen eine allgemeine, mehrstufige, aber nicht-kumulative Umsatzsteuer eingeführt wurde, die an die Stelle aller sonstigen Umsatzsteuern in den Mitgliedstaaten treten sollte. Mit diesen beiden Richtlinien wurden allerdings nur die allgemeine Struktur des neuen MwSt-Systems geregelt, die Festlegung des Anwendungsbereichs der MwSt und der MwSt-Sätze blieb den Mitgliedstaaten überlassen.

Erst am 17. Mai 1977 wurde die Sechste MwSt-Richtlinie erlassen, mit der ein einheitlicher Anwendungsbereich der MwSt festgelegt wurde. Damit ist gewährleistet, dass die Beiträge der Mitgliedstaaten zu den Eigenmitteln der Gemeinschaft berechnet werden können. Allerdings räumt auch diese Richtlinie den Mitgliedstaaten noch viele Möglichkeiten zur Abweichung von den normalen MwSt-Regelungen ein. Außerdem ist in dieser Richtlinie nicht festgesetzt, welche MwSt-Sätze die Mitgliedstaaten anzuwenden haben, so dass diese Sätze auch heute noch erheblich voneinander abweichen. Derzeit gilt, dass der Normalsatz zwischen 15 und 25 % liegen muss (wobei der Höchstsatz das Ergebnis einer politischen Verpflichtung ist) und dass die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Sätze von mindestens 5 % anwenden können. Es gibt noch eine Reihe vorübergehender Ausnahmeregelungen, z.B. Nullsätze im Vereinigten Königreich und in Irland, und auch der Anwendungsbereich der MwSt variiert von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat.
MwSt und Binnenmarkt - 1993 bis heute

Die Schaffung des Binnenmarktes im Jahre 1993 hatte die Beseitigung der Steuerkontrollen an den Binnengrenzen zur Folge. Im Hinblick darauf schlug die Kommission vor, von dem vor 1993 geltenden System nach dem "Bestimmungslandprinzip", bei dem die MwSt zu dem im Land des Kunden geltenden MwSt-Satz erhoben wird, zu einem System nach dem "Ursprungslandprinzip" überzugehen, bei dem die MwSt zu dem im Land des Leistungserbringers geltenden Satz erhoben wird. Mit einem solchen System würden die Steuergrenzen innerhalb der EU wirklich beseitigt.

Dieser Vorschlag war jedoch für die Mitgliedstaaten wegen der zu großen Unterschiede bei den MwSt-Sätzen und des Fehlens eines angemessenen Verfahrens der Zuweisung der MwSt-Einnahmen, das den tatsächlichen Verbrauch widerspiegelt, nicht annehmbar.

Die Gemeinschaft beschloss daher, solange die einschlägigen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, eine MwSt-Übergangsregelung anzuwenden, in deren Rahmen die verschiedenen Systeme der Mitgliedstaaten beibehalten, die Steuerkontrollen an den Binnengrenzen jedoch abgeschafft werden. Ziel ist aber weiterhin ein gemeinsames MwSt-System, bei dem die MwSt vom Leistungserbringer in Rechnung gestellt wird, d.h. ein MwSt-System nach dem Ursprungslandprinzip. Die derzeitige Übergangsregelung funktioniert bei Verkäufen an Privatpersonen bereits nach diesem Ursprungslandprinzip, denn Privatpersonen können überall in der EU Gegenstände unter Zahlung der jeweiligen MwSt erwerben und in ihr Heimatland verbringen, ohne dort erneut MwSt zahlen zu müssen. Allerdings gibt es bestimmte Ausnahmen von dieser allgemeinen Regel, z.B. beim Kauf von neuen Fahrzeugen und beim Versandhandel). Für Umsätze zwischen Steuerpflichtigen gilt aber nach wie vor das Bestimmungslandprinzip.